Referent: Roger Behrens
Zeit: 28. November 2018, 19.00 Uhr
Ort: Jugendkulturzentrum FORUM, Neckarpromenade 46

Erneut erlebt der politische Heimatbegriff eine Renaissance. (Symbolischer) Ausdruck davon ist, dass es seit 2017 ein Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt. Auch im linksliberalen und linken politischen Spektrum befasst man sich mit »Heimat« und der Deutung dieses Begriffs. Dort ist die Rede davon, dass ein »weltoffener Heimatbegriff« entwickelt und der Begriff republikanisch umgedeutet und antirassistisch gewendet werden müsse, man bezieht sich affirmativ auf »Heimat«, indem man darin den »legitimen Wunsch nach einem Leben in verlässlichen familiären, sozialen, ökonomischen und institutionellen Arrangements« (Benjamin-Immanuel Hoff) sieht. Roger Behrens entfaltet mit Bezug auf die aktuelle Debatte eine zweifache Kritik. Er zeigt, dass auch linke Versuche der Umdeutung »Heimat« nach wie vor als »Natur«, als »Scholle«, als »kleinen Raum« verklären, weil eben »Heimat« immer nur an den begrenzten, verengten, nach außen stets in Verteidigungsposition sich wappnenden Raum der Herkunft gebunden wird; und dieser Heimatbegriff unterscheidet sich mithin vom reaktionären der politischen Rechten kaum. Im Sinn einer kritischen Theorie ist »Heimat« nur negativ zu bestimmen, als Ort, den man verlassen musste und an den man nicht mehr zurückkehren kann: ein unwirtlicher Ort des Elends, der Verfolgung, der Not. Gleichsam negativ ist aber auch »Heimat« als Utopie, als Noch-nicht-Ort skizziert worden (am deutlichsten bei Ernst Bloch): »Heimat« als Zukunft einer Geschichte, die sich die Menschen als ihre Geschichte überhaupt erst aneignen müssen – auch indem sie sich von Blut und Boden befreien.

Der Referent Roger Behrens promovierte 2016 im Fach Erziehungswissenschaft mit einer Arbeit über Perspektiven materialistischer Bildungstheorie und ist seit April 2017 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Erziehungswissenschaft, insbesondere Bildungs- und Erziehungstheorie sowie philosophische Grundlagen, an der Helmut-Schmidt-Universität / Universität der Bundeswehr Hamburg. 2019 erscheinen im Katzenberg-Verlag zwei Monographien von ihm, und zwar »Der kulturelle Komplex« und »Verortungen«.

Eine gemeinsame Veranstaltung des Arbeitskreises gegen Antisemitismus und Antizionismus Mannheim e. V. und des Jugendkulturzentrums FORUM

Link zu Vortrag und Diskussion: https://www.freie-radios.net/95036